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Das Heidedorf Letzlingen liegt an der B 71 etwa 12 Kilometer südlich der Gardelegener Innenstadt am Westrand der Colbitz-Letzlinger Heide. Der Ort Letzlingen wird 1370 in einer Lehnsurkunde der Magdeburger Erzbischöfe mit anderen
bewohnten Orten der Umgebung erstmals erwähnt. Sein genaues Alter ist bisher unbekannt. Wenige Jahrzehnte später wird Letzlingen urkundlich nicht mehr erwähnt, es war für rund 300 Jahre wüst. Der brandenburgische Kurprinz Johann Georg kaufte 1555 die drei wüsten Feldmarken Letzlingen, Wittenwende und Schönfeld von Ludolf von Alvensleben auf Kalbe und Zichtau und ließ sich von 1559-1562 das Jagdschloss „Hirschburg“ im ursprünglichen Baustil errichten.

König Friedrich Wilhelm IV. besuchte 1843 auf einer Reise durch die Altmark auch das Jagdschloss in Letzlingen. Er
veranlasste den Umbau der Anlage im neogotischen Tudorstil und richtete die Hofjagd, die spätere Kaiserjagd, ein. Die
letzte ihrer Art wurde am 9. November 1912 unter Kaiser Wilhelm II. abgehalten. Der Heimatverein Letzlingen e.V. lädt seit 1996 jährlich Anfang November zur nachgestellten Kaiserjagd. Besondere Attraktionen sind das Sammeln im Schlosshof und das Schüsseltreiben am Kaiserstein, dem letzten Jagdstand Kaiser Wilhelms I. am 13. November 1886.
Nach den Vorschlägen des Königs und den Plänen seines Hofarchitekten Friedrich August Stüler wurde das Jagdschloss
ab 1850 umgebaut und erweitert. Die Wirtschaftsgebäude im Schlosshof westlich des Haupthauses, das Kavalierhaus  im Norden und das Kastellanhaus im Süden kamen in den nächsten zwei Jahrzehnten dazu. Vervollständigt wird das Schloss-Ensemble durch die 1861 geweihte neue  Schlosskirche im Tudorstil auf der Ostseite gegenüber. Das Jagdschloss Letzlingen ist das einzige Hohenzollern-Schloss in Sachsen-Anhalt und hat als Baudenkmal einen Platz auf der Landesdenkmalliste.

Seit Ende des 1.Weltkriegs dienten die Gebäude des Schlossensembles den unterschiedlichsten Zwecken. In der
Weimarer Republik war hier zehn Jahre eine private Internatsschule, die „Freie Schul-und Werkgemeinschaft“, untergebracht, bevor für kurze Zeit eine SA-Schule und von 1939 bis 1945 ein Reservelazarett einzogen. Schließlich wurde das
Schloss bis Ende 1991 als Außenstelle Letzlingen des Kreiskrankenhauses Gardelegen genutzt. 1996 übernahm die „Stiftung Schlösser, Burgen und Gärten des Landes Sachsen-Anhalt“, heute „Kulturstiftung Sachsen-Anhalt“, das Schlossensemble, sanierte und restaurierte die Gebäude und eröffnete 2001 eine umfangreiche Dauerausstellung zur Geschichte der Jagd und der Hohenzollern in Letzlingen, die in den Jahren 2014 und 2017 erweitert wurde. Bis heute werden immer wieder originale Exponate erworben.

Das Restaurant „Kaiserhof“ und das „Schlosshotel“ sind an einen privaten Betreiber verpachtet. Die Schlosskirche ist die evangelische Pfarrkirche des Ortes. Sie ist die Heimat der Kirchengemeinde und wird nach der Renovierung seit Jahren als Veranstaltungsort für Konzerte genutzt. Die Komplettsanierung begann 1997. Sie umfasste zehn Bauabschnitte für den Innenraum und die Fassade bis zur Orgelweihe beim Festgottesdienst im Dezember 2006. Eine rührige Arbeit leistet der Förderverein Schlosskirche e.V., der unter anderem regelmäßige Kirchenführungen ermöglicht. Für die Erhaltung des Gotteshauses sorgt seit 2007 die Ingrid Wiegand Stiftung. 1995 feierten Einwohner und Gäste „625 Jahre Heidedorf
Letzlingen“ und 2001 „300 Jahre Wiederentstehung Letzlingens“ mit Festwochen und historischen Umzügen. Architekturgeschichtlich interessant und einmalig in der gesamten Altmark ist im Kolonistendorf Letzlingen zwischen heutiger Magdeburger und Wannefelder Straße an einigen Grundstücken die Giebelstellung des Wohnhauses erhalten, also die ursprüngliche Siedlungsform nach der Bau-Ordre des 18. Jahrhunderts.

Das besterhaltene Fachwerkhaus, Magdeburger Straße 30, fällt unter anderem durch das Ziermauerwerk in den Gefachen auf. Letzlingen war bis zur Gebietsreform im Jahr 2011 das zweitgrößte Dorf im damaligen Kreis Gardelegen mit mehreren Betrieben und Einrichtungen zur Versorgung der Einwohner und der Nachbargemeinden. Nach der Wende gab es viele Veränderungen: Einige Betriebe und Einrichtungen wurden geschlossen, manches blieb erhalten, aber sehr umfangreich sind die Verbesserungen, so die Sanierung der Dorfstraßen und Plätze, die neuen Anschlüsse für Trinkwasser, Abwasser und Erdgas, die Investitionen in die kommunalen Einrichtungen und die vielen Beispiele der Modernisierung oder Neubauten von Grundstücken durch ihre Eigentümer. In Letzlingen gestalten 17 Vereine und Organisationen das kulturelle Leben und bereichern mit ihren Aktivitäten das Veranstaltungsangebot der Gemeinde. Seit 1993 gibt es südlich von Letzlingen für Wanderer und Radwanderer das „Wandergebiet Letzlingen - Lindenthal - Jävenitz“ mit 15 markierten Wanderrouten und einer Gesamtstrecke von 110 Kilometern. Seit 1999 gibt es auf dem Knackmußschen Hof das Letzlinger Heimatmuseum mit thematischen Ausstellungen und Platz für Veranstaltungen. Letzlingen ist Grundschulstandort.

Einwohner: 1.412 (Stand: Januar 2024)

Das Gefechtsübungszentrum Heer (GÜZ) in der Colbitz-Letzlinger Heide

Seit 1935 befinden sich große Teile der Colbitz-Letzlinger Heide in militärischer Nutzung, zunächst durch die Wehrmacht, danach bis zu ihrem Abzug aus dem vereinten Deutschland durch die Sowjetarmee.

1994 beginnen die Vorarbeiten für die Errichtung des Gefechtsübungszentrums Heer (GÜZ) der Bundeswehr. Es ist Bestandteil des in der Colbitz-Letzlinger-Heide befindlichen Truppenübungsplatzes Altmark. Der Aufbau des Zentrums erfolgt in den Jahren 1995 bis 1999; dazu gehört auch ein Kasernenneubau in Letzlingen – die Altmark-Kaserne. Auf dem 232 km² großen Übungsplatz, der zu den modernsten, größten und meistgenutzten seiner Art weltweit zählt, werden seit dem Jahr 2000 Lehrgänge durchgeführt. 2017 wird die einer mittleren Industriestadt nachgebildete „Übungsstadt Schnöggersburg“ in Dienst gestellt, eine europaweit einmalige Anlage, auf der gleichzeitig bis zu 1.500 Soldaten trainieren können. Längst hat sie wie das gesamte Gefechtsübungszentrum internationale Bedeutung erlangt. Hier üben vor allem verstärkte Einsatzverbände des Heeres und auch Verbände ausländischer Streitkräfte. Kaum eine Nato-Streitmacht, die noch nicht mit Angehörigen ihrer Armeen hier angetreten ist. In jedem Jahr durchlaufen bis zu 25.000 Militärangehörige eine jeweils zweiwöchige Ausbildung. Der Truppenübungsplatz wird heute an etwa 250 Tagen im Jahr genutzt.

Und ganz nebenbei ist das GÜZ einer der größten Arbeitgeber der Region – mehr als tausend Arbeitskräfte, davon knapp die Hälfte im Zivilbereich, stehen hier in Lohn und Brot.


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