Hintergrundinformationen
Etwa 60 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland entfallen auf die Wärme- und Kälteerzeugung. Dafür werden heute hauptsächlich fossile Brennstoffe genutzt. Die Wärmeversorgung ist damit für einen erheblichen Anteil der Treibhausgasemissionen verantwortlich, sei es durch Prozesswärme in Industrie und Gewerbe oder durch Heizungen in Wohngebäuden und kommunalen Einrichtungen.
Der Wärmeplan stellt einen strategischen Fahrplan dar, der aufzeigt, wie öffentliche Gebäude und Privathaushalte in Zukunft klimafreundlich mit Wärme versorgt werden können und in welchen Schritten und mit welchen Maßnahmen dies erreicht werden soll. Ziel ist es, eine CO2-neutrale Wärmeversorgung bis 2045 zu erreichen. Gesetzliche Grundlage für die Durchführung ist das am 1. Januar 2024 in Kraft getretene Wärmeplanungsgesetz.
Ablauf der Wärmeplanung
Der Planungsprozess der Wärmeplanung ist durch das Wärmeplanungsgesetz vorgegeben und gliedert sich in mehrere Abschnitte.
Eignungsprüfung
Die Eignungsprüfung steht am Anfang der Wärmeplanung. Sie dient dazu die Teilgebiete Gardelegens zu identifizieren, die heute bereits (nahezu) vollständig mit erneuerbaren Energien bzw. unvermeidbarer Abwärme versorgt werden oder die sich nicht für die Wärmeversorgung über ein Wärme-oder Wasserstoffnetz eignen. Für diese Gebiete ist eine verkürzte Wärmeplanung mit reduzierter Datenerhebung ausreichend bzw. keine Wärmeplanung erforderlich.
Bestandsanalyse
Im Zuge der Bestandsanalyse wird der Ist-Zustand der Wärmeversorgung ermittelt. Hierzu werden von der Stadt die Daten zur Ermittlung der aktuellen Wärmebedarfe oder -verbräuche sowie der vorhandenen Wärmeerzeuger und Energieinfrastrukturen, einschließlich der eingesetzten Energieträger erhoben und ausgewertet. Dadurch ergibt sich ein umfassendes Bild der aktuellen Wärmeversorgungssituation Gardelegens.
Potenzialanalyse
Durch die Potenzialanalyse wird geprüft, welche unterschiedlichen Quellen erneuerbare Energien oder unvermeidbarer Abwärme perspektivisch für die Wärmeversorgung zur Verfügung stehen und unter wirtschaftlichen Bedingungen nutzbar gemacht werden können. Das können unter anderem die Nutzung des Wärmepotenzial der Elbe oder von Abwasser sein oder die Erschließung geothermischer oder solarthermischer Potenziale.
Zielszenario und Einteilung in Wärmeversorgungsgebiete
Auf Grundlage der vorangehenden Analysen erfolgt die Entwicklung des Zielszenarios. Dieses stellt den Entwicklungspfad hin zu einer treibhausgasneutralen Wärmeversorgung bis 2045 dar. Teil des Zielszenarios ist die Einteilung Gardelegens in voraussichtliche Wärmeversorgungsgebiete. Diese Einteilung zeigt für das Zieljahr 2045 und für die Zwischenzieljahre 2030, 2035 und 2040, welche Quartiere in der Stadt beispielsweise zentral über ein Wärmenetz, ein Wasserstoffnetz oder dezentral über eine eigene Anlage im Gebäude (z.B. eine Wärmepumpe oder Pelletheizung) versorgt werden sollen.
Umsetzungsstrategie
Die Umsetzungsstrategie ist ein mit Prioritäten versehener Maßnahmenplan, der beschreibt, mit welchen konkreten Projekten und Maßnahmen das formulierte Zielszenario erreicht werden soll. Die Maßnahmen der Umsetzungsstrategie werden einzelnen Handlungsfeldern zugeordnet (z. B. Ausbau der erneuerbaren Energien, Wärmenetzausbau) und priorisiert. Dabei wird insbesondere ihr Beitrag zur Zielerreichung sowie das geschätzte Kosten-Nutzen-Verhältnis bewertet, um so eine zielorientiere und wirtschaftlich darstellbare Strategie zu erhalten.
Eignungsprüfung
Eignungsprüfung gem. §14 Wärmeplanungsgesetzt im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung der Hansestadt Gardelegen
Einleitung
Die kommunale Wärmeplanung ist ein strategisches Instrument zur Sicherstellung einer langfristig nachhaltigen und klimaneutralen Wärmeversorgung. Im Rahmen des Wärmeplanungsgesetzes (§ 14 WPG) soll eine systematische Analyse der Eignung von Teilgebieten für eine leitungsgebundene Wärmeversorgung durchgeführt werden. Die Eignungsprüfung dient dazu, bereits zu Beginn der Erarbeitung der Wärmeplanung die Gebiete der Hansestadt Gardelegen zu identifizieren, die für den wirtschaftlichen Betrieb eines Wärme- oder Wasserstoffnetzes nicht geeignet sind. In diesen Gebieten ist eine dezentrale Versorgung vorzusehen. Die Eignungsprüfung erfolgt insbesondere auf der Basis vorhandener Nutzungs- und Strukturdaten sowie Daten zur Wärmedichte. Dieser Bericht dokumentiert Methodik, Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Eignungsprüfung. Er dient als Grundlage für die weitere Planung und Umsetzung der Wärmewende in der Hansestadt Gardelegen.
Methodik
Die Eignungsprüfung wurde auf Grundlage des Leitfadens zur kommunalen Wärmeplanung durchgeführt. Dabei wurden die relevanten Gebiete in der Hansestadt Gardelegen anhand eines klar strukturierten Entscheidungsprozesses analysiert. Der Prozess umfasst die Prüfung der Potenziale für Wärmenetze, Wasserstoffnetze und die Berücksichtigung erhöhter Einsparpotenziale.
Kernkriterien zur Bewertung
Die nachfolgenden Kriterien dienen zur Überprüfung für welche Wärmeversorgung bzw. Maßnahmen sich ein Gebiet eignet.
Wärmenetze:
- Existiert in unmittelbarer Nähe ein Wärmenetz?
- Gibt es relevante erneuerbare Wärmequellen (z.B. Kläranlagen, Abwärme aus Industrie)?
- Zeichnet sich das Siedlungsgebiet durch eine dichte Bebauung aus?
- Sind hohe Wärmedichten (> 100 MWh/ha) erreichbar?
- Sind potenzielle Großabnehmer oder Ankerkunden vorhanden?
Wasserstoffnetze:
- Ist ein Gasnetz vorhanden, das für eine Wasserstoffumstellung geeignet wäre?
- Ist die wirtschaftliche Versorgung durch ein Wasserstoffnetz realistisch?
Erhöhte Einsparpotenziale:
- Sind Gebiete mit hohem energetischen Sanierungsbedarf (vor 1977 errichtete Gebäude) vorhanden?
- Ist das Gebiet bereits als Sanierungsgebiet ausgewiesen?
Vorgehensweise
Die Einteilung der Siedlungsgebiete der Hansestadt Gardelegen in unterschiedliche Eignungsgebiete erfolgt anhand der im Folgenden dargestellten Bearbeitungsschritte
1. Systematische Erfassung von Siedlungsstrukturen, vorhandener Infrastruktur und Wärmebedarfen.
2. Überprüfung der Relevanz von Wärmenetzen und Wasserstoffnetzen.
3. Abwägung erhöhter Einsparpotenziale gemäß § 18 Absatz 5 WPG.
4. Einteilung in Teilgebiete und Zuweisung der folgenden Kategorien:
- (Normale) kommunale Wärmeplanung: Gebiete mit Potenzial für eine leitungsgebundene Wärmeversorgung.
- Verkürzte kommunale Wärmeplanung: Gebiete mit Fokus auf dezentrale Versorgungslösungen.
- Verkürzte Wärmeplanung in Teilgebieten mit erhöhtem Einsparpotenzial: Gebiete Fokus auf dezentrale Versorgungslösungen und mit hohem energetischen Sanierungsbedarf.
- Keine kommunale Wärmeplanung erforderlich: Gebiete mit (nahezu) vollständiger EE-Wärmeversorgung oder Gebiete ohne Wärmebedarf (z.B. Kleingartenanlagen, Friedhöfe etc.).
Ergebnisse
Das Siedlungsgebiet der Hansestadt Gardelegen wurde in insgesamt 99 Teilgebiete unterteilt. Die Gebiete, in denen eine normale kommunale Wärmeplanung durchzuführen ist, liegen vorwiegend im innerstädtischen Bereich. Bereiche für verkürzte Wärmeplanungen stellen vor allem außerhalb gelegene, dörflich geprägte Ortsteile dar. Die detaillierten Ergebnisse sind im Anhang beigefügt und enthalten spezifische Hinweise für jedes Teilgebiet. Mit der Zuweisung der Teilgebiete zu den unterschiedlichen Kategorien sind in den Wärmeplanungsgebieten allgemeine Maßnahmenempfehlungen verbunden:
Normale kommunale Wärmeplanung:
Gebiete mit hoher Wärmedichte und guter Anbindung an bestehende oder geplante Wärmenetze sollten prioritär in die weitere Planung aufgenommen werden. Die Integration erneuerbarer Energien (z. B. EE-Wärmequellen) und die Identifikation von Abwärmepotenzialen sind zentrale Handlungsschwerpunkte.
Verkürzte kommunale Wärmeplanung:
Gebiete mit geringerer Bebauungsdichte oder fehlender Netzinfrastruktur sollten mit dezentralen Versorgungslösungen, wie zum Beispiel Einzelwärmepumpen oder Biomasseheizungen, eingesetzt werden. Eine gezielte energetische Sanierung der Bestandsgebäude kann diese Maßnahmen unterstützen.
Verkürzte Wärmeplanung in Teilgebieten mit erhöhtem Einsparpotenzial:
In diesen Gebieten sind ergänzend zu dezentralen Versorgungslösungen dezidierte energetische Sanierungsprogramme notwendig. Begleitende Förderprogramme und Beratungsangebote für Eigentümer können dazu beitragen, die Sanierungsrate nachhaltig zu erhöhen. Die Ausweisung von Gebieten für die verkürzte
kommunale Wärmeplanung basiert auf den aktuell vorliegenden Untersuchungsergebnissen. Sollten sich im Zuge der Durchführung der Wärmeplanung Erkenntnisse ergeben, die eine umfassendere Betrachtung bestimmter Gebiete erforderlich erscheinen lassen, wird auch für diese eine normale kommunale Wärmeplanung durchgeführt.
Fortschreibung der Eignungsprüfung
Der kommunale Wärmeplan ist mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen, um neue Entwicklungen in Technologie und Infrastruktur sowie ggf. geänderte rechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. In diesem Rahmen ist auch die Eignungsprüfung fortzuschreiben.
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Förderung durch die Nationale Klimaschutzinitiative
Die Erstellung der kommunalen Wärmeplanung der Hansestadt Gardelegen wird durch die Nationale Klimaschutzinitiative gefördert. Mit der Nationalen Klimaschutzinitiative initiiert und fördert das Bundesumweltministerium seit 2008 zahlreiche Projekte, die einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasmissionen leisten. Ihre Programme und Projekte decken ein breites Spektrum an Klimaschutzaktivitäten ab: Von der Entwicklung langfristiger Strategien bis hin zu konkreten Hilfestellungen und investiven Fördermaßnahmen. Diese Vielfalt ist Garant für gute Ideen. Die Nationale Klimaschutzinitiative trägt zu einer Verankerung des Klimaschutzes vor Ort bei. Von ihr profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie Unternehmen, Kommunen oder Bildungseinrichtungen.
Weitere Informationen unter: www.klimaschutz.de